WAWI Buchhaltungsexport - Revisited und expanded...
@HMS_IT - Diese Art von Widerspruch nach der Methode
"funktioniert doch super" höre ich immer wieder, wenn ich mich hier im Forum sagen wir mal "eher pessimistisch" über die "Fibu-Funktionen" der
Wawi äußere. Ich bekomme dann immer das Gefühl, dass da großartige Entwicklungen in der Wawi spurlos an mir vorbei gegangen sein müssen und dann schaue ich mir das Ganze noch einmal an und siehe da, nö, da ist nichts anders, geschweige denn besser geworden.
Um aber sicherzugehen, dass ich nichts Neues übersehen habe, habe ich Gestern den ganzen Tag alle Funktionen in der Wawi, mit der
Ameise und in der Datenbank genau durchforstet, um zu schauen, was nun wirklich geht und was nicht. Und dabei ist nicht viel Gutes rausgekommen.
1. Grundsätzliches
- Die Wawi spricht überall von "Steuern", "Steuerschlüsseln", etc., die Funktionen und Eigenschaften haben aber keinen direkten Bezug zu Steuern, sondern zu Erfolgskonten, also Ertrags- Wareneingangs-/Aufwandskonten. Das zeigt sich schon bei der Definition der
"Steuerschlüssel", die alles mögliche definieren, nur keine
Steuerschlüssel.
- Dort finde ich als Einträge z.B.
"Umsatzsteuer 7%",
"Umsatzsteuer 19%",
"Vorsteuer 7%" und
"Vorsteuer 19%". - Das sind alles eindeutig Steuerkontenbezeichnungen, was dort aber hinterlegt ist, sind die SKR04 Umsatzerlös- und Wareneingangskonten. Hier handelt es sich also DEFINITIV nicht um Steuerkonten, die Konten sind also auch schon mal grob falsch bezeichnet, kein guter Start...
2. Skontokonten und Nomenklatur
- Man kann seit der 1.2 im "Steuerschlüssel" auch ein Skontobuchungskonto eintragen, was Sinn macht, da für gewährte und erhaltene Skonti im SKR03/04 zu den verschiedenen Erfolgskonten auch unterschiedliche Skontokonten zugeordnet sind.
- Leider werden die Skonto-Konten aber offenbar nicht verwendet, denn eine Skontobuchung beim manuellen oder CSV-Zahlungsabgleich gibt es nicht und ich lese zwar
hier, dass das der automatische Zahlungsabgleich kann, aber ich wüsste gerne ~wie~ das gehen soll, über einen Restbetragsabgleich?
- Ich habe geprüft, ob die Konten in der Datenbank korrekt abgelegt sind, siehe Anhang, hier allerdings schon mit meinen eigenen Bezeichnungen und Konten. Man sieht, dass die Skontokonten korrekt in der DB eingetragen sind und JTL hier noch weitere Kontenarten vorgesehen hat. Die Anzahlungskonten rechts habe ich hier reingeschmiert, dazu unten mehr.
- Was auffällt ist, dass die Kontenzuweisungen unter
cSteuerkonto stehen, was 100% falsch ist und dass weiter rechts eine Spalte
cErloeskonto existiert, die nur dann Sinn machen würde, wenn hier nur
Erlösarten definiert würden. JTL gibt ja aber selbst zwei Wareneingangs-, also Aufwandskonten vor. Diese Spalte müsste also neutral
cErfolgskonto heißen und die Kontendefinitionen müssen HIER und nicht unter
cSteuerkonto stehen.
- Da alle verwendeten Konten Automatik (AM/AV) Konten sind würde die Definition einer Spalte
cSteuerkonto auch nur dann Sinn machen, wenn die Wawi für nicht-AM/AV Konten komplette Buchungssätze inklusive USt-Abgrenzung exportieren würde. Gott gebe, dass JTL das nie probiert...
3. Steuerverwaltung
- Hier hat sich etwas getan und die Möglichkeit, Steuerschlüssel nicht nur für Zonen, sondern auch für Warengruppen, Positionstypen und Versandarten festlegen zu können, ist super!
- Die Funktion hat noch ein paar Bugs, die z.B. dazu führen, dass die Länder beim Datenexport nicht immer richtig zur
EU-Zone zugeordnet werden, das hängt offenbar mit den vom Programm erzwungenen Eingaben für IGL Daten bei
Nicht-EU-Zone Zuordnungen zusammen. Davon gibt es noch ein paar Bugs in dieser Sektion, alles in allem hat das aber Potential.
4. Ein-/Aus-/Anzahlungen und die Datenbank
- Hierzu kann ich nur Gutes melden. Alle Buchungsvorgänge, die ich gemacht habe, werden korrekt in der DB abgelegt, inkl. Anzahlungen oder Einzahlungen mit abweichendem SKR Konto. Die Werte und Flags stimmen, auch für meine alten Buchungen...
- Auch die relationale Logik der Zuordnung von Zahlungsarten, Steuerklassen und -schlüsseln, ist bei all meinen Test-Buchungsvorgängen völlig korrekt gewesen, die DB ist also wie's scheint sauber!
5. CSV- und DATEV-Export
- Die Datenbasis der Ein-/Ausgangsrechnungen und der Zahlungs-Buchungen ist also ok, jetzt muss nur noch korrekt exportiert werden.
- Ich habe die Export-Funktionenn der Wawi mit dem freien
CSVed auf CSV-Basis und mit dem ebenfalls freien
Taxpool Mini gestestet, denn dafür gibt es eine sehr ordentliche Anleitung zum JTL Import, die zwar noch auf der 0.9er Wawi basiert, aber funktioniert.
- Hier stellt sich die Frage, WAS überhaupt exportiert werden sollte, denn wir haben es in der Wawi ja mit Eingangs- und Ausgangsrechnungen und zugehörigen Gutschriften zu tun und zu diesen Vorgängen haben wir Zahlungsbewegungen, Anzahlungen, Skontoeinbehalt, mit/ohne Berücksichtigung von Gutschriften und auch Ausbuchungen.
- Aktuell kann die Wawi aber nur Ausgangsrechnungen und -gutschriften exportieren, Eingangsrechnungen bleiben komplett außen vor. Warum eigentlich, die machen doch ~50% der Wawi-Arbeit aus, oder?
- Der
DATEV Export macht offenbar ausschließlich einen Export der Rechnungen oder Gutschriften selbst, berücksichtigt aber keinerlei Zahlungen, hmm.
- Der CSV Export ist flexibler und erlaubt auch die "mit-Übergabe" von einer Zahlung, eigentlich eher die Übergabe des aktuellen Zahlungsstatus der Rechnung.
- Stellt sich also die Frage, wie sich das mit Anzahlungen und Skonto verträgt? Also habe ich erst einmal überhaupt eine Zahlung auf eine Rechnung gemacht und die Rechnung exportiert.
- Taxpool jammert sofort, dass das Soll-Konto falsch oder fehlerhaft wäre und sofort wird klar, dass die Wawi keine Sollkonten exportiert. Warum nicht?
- Sollkonten sind hier ja Geldkonten wie "Kasse", "Bank" und die müssen bei den Zahlungsarten defininiert sein. Dort ist das "Vereinfachte Buchungskonto" aber als "(veraltet)" beschrieben und der
JTL Guide sagt, dieses Feld sei ohne Funktion. Ich nehme aber vorsichtshalber immer mal eher das Gegenteil von dem an, was der Guide behauptet und siehe da, nachdem ich der Zahlungsart "Bar"="Kasse" das SKR03 Konto 1000 und "Überweisung"="Bank" das Konto 1200 zugewiesen hatte, wurden diese Konten sofort als Sollkonten exportiert und von Taxpool akzeptiert. Danke Guide...
- Hinweis: Einige Leute hier im Forum vermuten wegen dieser Sollkonto-Fehlermeldungen Inkompatibilitäten neuerer Wawi-Versionen mit Taxpool. Das ist definitiv falsch, diese Probleme liegen garantiert an der Benutzung einer Zahlungsart, für die kein SKR Konto angelegt ist.
- Dieser Fehler ist aber leicht gemacht, denn die Wawi unterscheidet kurioserweise nicht zwischen
Zahlungsarten wie
"Rechnung" oder
"Vorkasse" und
Zahlungswegen (sic!) wie
Kasse ("Bar"),
Bank1|2|3 ("Überweisung"), etc. Das würde insbesondere beim Zahlungsabgleich viele Fehler vermeiden helfen, denn hier wird als
ZahlungsWEG immer die für den Vorgang angelegte
ZahlungsART vorbelegt! - Fehler sind also sozusagen "vorprogrammiert"...
6. Anzahlungen und dergleichen...
- Da der Export von Rechnungen mitsamt aktueller Zahlung funktioniert, habe ich als nächstes den Export von Anzahlungen geprüft.
- Leider zeigen sich hier wieder die engen Grenzen des Ameise Exports, denn obwohl man bei der Zahlungszuweisung manuell ein SKR Konto zuweisen kann, wird das beim Export nicht benutzt.
- Auch die von mir in die DB reingeschriebenen Anzahlungskonten (s. Anhang) werden beim Export nicht als Haben-Konto benutzt.
- Stattdessen wird der ganz normale Buchungssatz
Bank an Debitor exportiert. Das ist aber nicht nur falsch, sondern steuerrechtlich auch gefährlich, denn Anzahlungen haben eigene steuerrechtliche Regeln (§13 1.1a UStG).
- Anzahlungen sind steuerrechtlich nach dem Mindest-IST Verfahren zu versteuern, die USt wird also mit Ende des
aktuellen UStVA Zeitraums fällig.
- Da ein IST Versteuerer die USt normalerweise aber erst NACH Zahlung der Rechnung schulden würde, bedeutet die falsche Buchung der Anzahlung im Zweifel eine USt-Zahlungsverschleppung um (mindestens) eine UStVA Periode und damit einen Steuerstraftatbestand!!!
- Und dann ist es buchhalterisch auch komplett falsch, eine Anzahlung so zu buchen. Die von der Wawi exportierten Daten gehen auf StB-Seite aber direkt in den Buchungsstapel ein und auf welcher Basis soll der StB nun erkennen, dass es sich um eine Anzahlung handelt und wie soll er/sie das später nachvollziehen und mit den Zahlungsflüssen konsolidieren können. Das ist Chaos pur!!!
Fazit: Mein Fazit fällt leider kaum anders aus als bisher. Die Fibu-Exportfunktionen der Wawi sind "minimal", schlecht durchdacht, teilweise schlecht umgesetzt und erzeugen potentiell gefährliche Buchungssätze. Das Einzige, was man mit der Ameise machen kann, ist der reine Export von Rechnungen und Gutschriften, idealerweise ohne Zahlungsinformation oder falls ja, dann nur, wenn die Rechnungen jeweils mit einer Zahlung vollständig beglichen sind.
Ausblick: Es gibt eine ganze Reihe von "losen Fäden", die JTL angehen müsste, damit ein sinnvoller Export von Beleg- und Kontendaten möglich wird. Die gute Nachricht ist aber, die Daten sind alle da und sind alle einwandfrei, sie müssen nur intelligenter für den Export aufbereitet und dann auch intelligent(er) exportiert werden ...
Gruß,
Ingmar